Wirtschaftliches Risiko und Design stammen auf den ersten Blick aus verschiedenen Welten. Eine Schnittstelle dieser Themen, das dort auftauchende Problem (Tipp: Es geht um Geld) und eine Lösungsvariante möchte ich hier beleuchten.
Mit diesem Beitrag beziehe ich mich auf die Leistungen und Projekte von Designern, besonders Industrie- und Produktdesignern. Ich denke, dass die Überlegungen auch für andere Branchen und Konstellationen Gültigkeit haben.
Die normale Sicht auf das Verhältnis Designer – Auftraggeber ist, dass der Auftraggeber das Hauptrisiko einer neuen Entwicklung trägt. Er fragt einen Gestalter an, dieser gibt ein Angebot über Arbeitsleistung, Nutzungsrechte und Vergütung ab. Die Vergütung beinhaltet in der Regel einen Posten für die tatsächliche Arbeitsleistung, also den Entwurf, und für die Nutzung dieses Entwurfes, also die Lizenz.
Ob das Ergebnis des Auftrages den Erwartungen gerecht wird, ist das Problem des Auftraggebers. Dieser muss sich um die Produktion, Vermarktung und nicht zuletzt Finanzierung des Ganzen kümmern.
Bei Großserienprodukten ist der Anteil des Industriedesigns an der Gesamtinvestition relativ gering. Wer solch ein Unternehmen oder Projekt plant, weiß vorher (hoffentlich) um die Kosten und kann die Designleistung gut einplanen. Er wird auch vorher eine Finanzierung planen und kann den Designer fair entlohnen. Aus Sicht des Designers sind diese Aufträge groß und bilden einen wichtigen Umsatzposten. Es gibt also wenig Anreiz und Grund, einen Designer an den finanziellen Risiken zu beteiligen.
Anders sieht es bei Neugründungen aus: Es fehlen oft Kapital und Erfahrung. Jeder wie oben beschriebene Designauftrag reißt große Löcher ins Gründer-Budget. Regelmäßig wird die Idee auch noch verändert, oder Mehrarbeit ist erforderlich und kostet Geld. Wenn Design nicht absolut notwendig ist, wird es dann gerne „erst mal“ gestrichen oder selber bearbeitet (mit entsprechendem Ergebnis). Das ist Schade, für die Unternehmer, die dank Design mit einem besseren Produkt bessere Chancen hätten und für den Designer, der keinen Auftrag erhält. Der Designer könnte seinen Stundensatz senken oder die Lizenzkosten reduzieren. Diese Lösung ist für keinen Kreativen ratsam: Entweder ist meine Leistung einen bestimmten Preis wert, oder sie ist nicht. Es ist eine Illusion, dass man bei Folgeaufträgen dann mehr verlangen kann.
Eine denkbare Alternative ist, komplett auf eine feste Bezahlung zu verzichten und sich am Erfolg des Produkts beteiligen zu lassen. Wenn man gut arbeitet und die Idee ein Erfolg wird, kann man mehr verdienen als nur das übliche Honorar. Klingt gut, oder?
Dabei wird schnell vergessen, dass man mehr als die üblichen Risiken wie Zahlungsausfall trägt. Man wird abhängig von der Leistung der Partner. Wenn diese sich bei den Martkchancen vertan haben oder nicht in der Lage sind, das Produkt zu verkaufen, hat man umsonst gearbeitet. Außerdem muss der zu erwartende Gewinn in Zukunft auch die Inflation ausgleichen und rechnerische Zinsverluste ausgleichen. Es ist ein Unterschied, ob ich heute 5000 Euro verdiene oder in zwei Jahren vielleicht 5500 Euro!
Abgesehen davon ist es für viele kleine Designbüros oder selbstständige Designer auch nicht möglich lange Zeiträume ohne den Projektlohn zu überbrücken.
Wie kann eine Alternative aussehen, um kleinen Auftraggebern und Gründern Zugang zu gutem Design zu ermöglichen und trotzdem davon Leben zu können? Ich denke, dass eine Mischform für beide Seiten ein gute Lösung sein kann:
So kann vereinbart werden, dass nur die Arbeitsleistung sofort vergütet wird, die Lizenzkosten aber erst fällig werden, wenn das Design tatsächlich in Produktion geht (und dafür etwas höher als üblich liegen). Der Designer hat die Sicherheit, dass seine Arbeit nicht umsonst war und die Chance, am Erfolg beteiligt zu werden. Die Auftraggeber müssen nicht sofort die vollen Designkosten tragen und haben einen zusätzlichen Anreiz, ihr Projekt zum Erfolg zu führen. Wer schon Kosten und Mühe investiert hat, wird eher durchhalten als jemand, der nichts verlieren kann (weil das Design z.B. erst mal nichts gekostet hat).
Es existieren sicher noch andere kreative und innovative Modelle, um das Risiko einer Investition in neue Ideen und Design fair zu verteilen. Gerne dürfen Sie diese in einem Kommentar erläutern.